Künstliche Intelligenz (KI) stellt das Urheberrecht vor neue Herausforderungen. KI-Systeme wie ChatGPT ermöglichen es, Texte und andere Inhalte zu generieren, ohne dass zwingend eine eigene kreative Leistung erbracht werden muss. Doch wer hat die Rechte an solchen Inhalten? Was ist mit urheberrechtlich geschützten Trainingsdaten? Was können Unternehmen tun, um beim KI-Einsatz urheberrechtlich auf der sicheren Seite zu bleiben? Ein Überblick!
Kann die KI selbst Urheber im rechtlichen Sinne sein?
Die kurze Antwort lautet: Nein. Nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz (UrhG) kann eine künstliche Intelligenz kein Urheber sein.
Gemäß § 2 Abs. 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 7 UrhG muss eine persönliche geistige Schöpfung vorliegen. Da einer KI die Fähigkeit zu einer persönlichen geistigen Schöpfung fehlt, können ihre generierten Inhalte keinen Urheberrechtsschutz genießen.
Im Übrigen entschied der BGH in seinem Urteil vom 11. Juni 2024 (X ZB 5/22), dass KI-Modelle auch keine Erfinder im Sinne des § 37 Abs. 1 Patentgesetz (PatG) sein können.
Ist der Nutzer der Urheber von KI-generierten Inhalten?
US-Recht und KI-Anbieter
Ähnlich wie andere KI-Anbieter aus den USA räumt auch OpenAI in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Anwender die vollen Rechte an den durch ihn generierten Inhalten ein. Damit können die Inhalte für beliebige Zwecke verwendet werden, einschließlich kommerzieller Nutzung, sofern die Nutzungsbedingungen eingehalten werden. Allerdings behält sich OpenAI grundsätzlich das Recht vor, die generierten Inhalte ebenfalls zu nutzen.
Zusätzlich erklärt OpenAI in seinen Hilfetexten, dass Nutzer nicht nur Eigentümer der erstellten Textausgaben sind, sondern auch das Recht haben, diese nachzudrucken, zu verkaufen oder zu vermarkten. Dies gilt unabhängig davon, ob der Text über einen kostenlosen oder kostenpflichtigen Plan erstellt wurde.
Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass sich OpenAI am kalifornischen Recht orientiert, das sich vom deutschen Urheberrecht unterscheidet. Während in Deutschland nach dem Urheberrechtsgesetz nur Nutzungsrechte übertragen werden können, sieht das US-amerikanische Recht teilweise sogar die vollständige Übertragung des Urheberrechts vor.
Zudem gibt es in den USA die sogenannte Fair-Use-Regelung, die es in Deutschland nicht gibt. Die Fair-Use-Doktrin (§ 107 des US-amerikanischen Copyright Acts) erlaubt in bestimmten Fällen eine Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke ohne Zustimmung des Urhebers. Dabei spielen Faktoren wie der Zweck der Nutzung oder der wirtschaftliche Einfluss auf das Originalwerk eine Rolle. Ein Nutzer darf danach also ohne Zustimmung urheberrechtlich geschützte Werke verwenden, sofern der Urheber dadurch nicht in seinen Rechten beeinträchtigt wird.
Deutsches Urheberrecht
Im Gegensatz dazu verfolgt Deutschland eine andere Vorgehensweise. Das ausschließliche Nutzungsrecht liegt grundsätzlich beim Urheber und eine Verwendung durch Dritte ist nur beim Vorliegen einer Schranke (wie etwa Zitat oder Text- und Data-Mining zu Forschungszwecken) oder mit entsprechender Zustimmung des Urhebers zulässig (§ 29 UrhG).
Auch die Frage, ob der Nutzer KI-generierter Inhalte als Urheber angesehen werden kann, wird im deutschen Urheberrecht strenger bewertet. Wie bereits erwähnt, setzt das deutsche Urheberrechtsgesetz eine persönliche geistige Schöpfung voraus. Da KI-generierte Inhalte in der Regel ohne unmittelbare kreative Einflussnahme eines Menschen entstehen, fehlt ihnen diese erforderliche Schöpfungshöhe. Die bloße Eingabe von Befehlen (sogenannten Prompts) reicht in der Regel nicht aus, um den Nutzer als Urheber zu qualifizieren, da die eigentliche Erstellung des Werkes maßgeblich durch die KI erfolgt.
Dennoch gibt es Konstellationen, in denen der Nutzer eines KI-Systems als Urheber angesehen werden kann. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die KI lediglich als unterstützendes Werkzeug dient und der Mensch das generierte Ergebnis maßgeblich verändert oder in ein eigenes kreatives Werk integriert. In solchen Fällen könnte das Gesamtwerk unter bestimmten Umständen geschützt sein. Ob ein solcher Schutz greift, hängt jedoch von der individuellen Gestaltung des jeweiligen Werks ab, und bedarf einer Einzelfallprüfung.
Mögliche Urheberrechtsverletzungen durch Anbieter und Nutzer von KI
Urheberrechte bei Trainingsdaten
Anbieter von KI-Systemen müssen darauf achten, mit welchen Daten ihr KI-Modell trainiert wird. Der Anbieter muss sicherstellen, dass er über das Urheberrecht oder ein entsprechendes Nutzungsrecht für die relevanten Trainingsdaten verfügt. Andernfalls kann es schnell zu einer Urheberrechtsverletzung kommen, etwa hinsichtlich geschützter Werke wie Songtexten.
Die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) hat beispielsweise klargestellt, dass Werke, deren Rechte von ihr verwaltet werden, nur nach Erwerb einer entsprechenden Lizenz für das Training von KI-Systemen genutzt werden dürfen – eine Voraussetzung, die in vielen Fällen nicht erfüllt ist.
Allerdings sieht das Urheberrechtsgesetz auch Ausnahmeregelungen vor: Die §§ 44a ff. UrhG legen bestimmte Schrankenbestimmungen fest, die die Verfügungsrechte des Urhebers über sein Werk einschränken und somit eine Nutzung ohne gesonderte Erlaubnis ermöglichen. So ist beispielsweise gemäß §§ 44b in Verbindung mit 60d UrhG Text- und Data Mining zu wissenschaftlichen Forschungszwecken unter bestimmten Bedingungen zulässig. Zu betonen ist jedoch, dass diese Schranke nur in einigen wenigen Fällen des KI-Model-Trainings greifen würde.
Urheberrechte bei KI-Nutzung
Urheberrechtliche Anforderungen betreffen nicht nur Anbieter von KI-Systemen, sondern auch deren Nutzer, die sicherstellen müssen, dass sie keine Schutzrechte Dritter verletzen. Dabei können potenzielle Urheberrechtsverstöße sowohl im Zusammenhang mit der Eingabe (Input) als auch mit den durch die KI generierten Ergebnissen (Output) auftreten.
Ein Verstoß im Bereich des Inputs kann insbesondere durch eine unzulässige Vervielfältigung geschützter Werke entstehen. Gemäß § 16 UrhG ist die wortgetreue Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Texte ohne Zustimmung des Urhebers eine unzulässige Vervielfältigung. Dies umfasst auch das Hochladen geschützter Inhalte in eine KI-Anwendung, beispielsweise ein Skript oder Drehbuch, das der Nutzer für eine Zusammenfassung verwenden möchte.
Auch beim Output können Urheberrechtsverletzungen entstehen, etwa wenn der Output konkret einem vorbestehenden geschützten Werk entspricht. Auch stellt dies eine unzulässige Vervielfältigung gemäß § 16 UrhG dar.
In der Praxis dürfte sich die Überprüfung, ob eine solche Vervielfältigung im Output vorliegt, jedoch häufig als schwierig erweisen. Um das Risiko einer Urheberrechtsverletzung zu minimieren, sollten Nutzer durch gezieltes Prompting vorbeugen, dass potenzielle Plagiate im generierten Ergebnis (vor allem: Text) entstehen. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Outputs jedoch eher gering, da z.B. ChatGPT im Regelfall keine exakten Kopien aus seinem Trainingsmaterial abrufen kann, sondern Inhalte auf Basis von Analysen von Mustern und Zusammenhängen generiert.
Das folgende Beispiel zeigt aus unserer Erfahrung aber, dass eine solche Urheberrechtsverletzung nicht ganz auszuschließen ist oder zu urheberrechtlich problematischen Falschaussagen führen kann:
Die activeMind AG betreibt einen hunderttausendfach genutzten kostenfreien Generator zur Erstellung von Datenschutzhinweisen für Websites. Deswegen ist es statistisch gesehen recht wahrscheinlich, dass unter einer KI-generierten (deutschsprachigen) Datenschutzerklärung steht, dass sie mit Hilfe von activeMind erstellt wurde. Dies führt immer wieder dazu, dass KI-generierte Datenschutzhinweise ebenfalls diesen Urheberrechtshinweis tragen, obwohl er dann überhaupt nicht zutrifft.
Viel wahrscheinlicher ist der Fall, dass eine Verletzung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 UrhG vorliegt. Demnach ist eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines geschützten Werks ohne Zustimmung des Urhebers unzulässig. Wenn die KI gezielt dazu genutzt wird, einen bestehenden Text abzuändern, ohne vorher die Zustimmung des Urhebers eingeholt zu haben, könnte hierin also eine Urheberrechtsverletzung vorliegen.
Wird das generierte Ergebnis jedoch durch den Nutzer so überarbeitet, dass es sich deutlich vom Original unterscheidet, kann unter Umständen nach § 3 UrhG ein Bearbeiterurheberrecht entstehen (siehe oben). Die rechtliche Bewertung bleibt jedoch eine Frage des Einzelfalls.
Datenschutzrechtliche Aspekte bei der Nutzung von KI-Systemen
Auch an das Datenschutzrecht ist beim Einsatz von KI-Tools zu denken. Jedes Unternehmen ist an die Vorgaben der DSGVO gebunden. Daher ist es grundsätzlich untersagt, ohne eine gültige Rechtsgrundlage personenbezogene Daten – etwa Namen, Kontaktdaten oder andere identifizierende Informationen – in ChatGPT einzugeben. Sollten damit personenbezogene Daten verarbeitet werden, ist zudem ein Auftragsverarbeitungsvertrag abzuschließen.
Zudem sollten Unternehmen bei der Eingabe von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen sowie Informationen, die vertraglichen Geheimhaltungspflichten unterliegen, Vorsicht walten lassen. Ein Verstoß gegen Geheimhaltungspflichten kann sowohl für den verantwortlichen Mitarbeitenden als auch für das Unternehmen erhebliche Konsequenzen haben, darunter Schadensersatzforderungen oder Vertragsstrafen.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass durch die Eingabe vertraulicher Geschäftsgeheimnisse in ChatGPT diese ihren Schutzstatus verlieren können, wenn mit dem Anbieter des KI-Systems keine entsprechende vertragliche Vereinbarung abgeschlossen wurde. In einem solchen Fall sind die Informationen nicht mehr als Geschäftsgeheimnisse klassifiziert und könnten von Dritten frei verwendet werden.
Tipp: Lesen Sie hierzu auch unseren Ratgeber dazu, wie Sie ChatGPT datenschutzkonform im Unternehmen einsetzen.
Auswirkungen des AI Acts auf das Urheberrecht
Der AI Act (KI-Verordnung) sieht in bestimmten Fällen eine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte vor. Besonders relevant ist dies im Zusammenhang mit Deep Fakes sowie bei der Veröffentlichung von KI-generierten Texten, die der Information der Öffentlichkeit über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse dienen, insbesondere in der Pressearbeit. In diesen Fällen verpflichtet Art. 50 Abs. 4 AI Act die Betreiber von KI-Systemen sicherzustellen, dass synthetische Audio-, Bild-, Video- oder Textinhalte als künstlich erzeugt oder manipuliert erkennbar sind. Demnach muss explizit darauf hingewiesen werden, dass der jeweilige Inhalt nicht von einem Menschen, sondern von einer Maschine generiert wurde.
Darüber hinaus verpflichtet Art. 53 Abs. 1 lit. c) AI Act Anbieter von KI-Modellen mit allgemeinem Verwendungszweck zur Implementierung einer Strategie zur Einhaltung des Urheberrechts. Dies kann beispielsweise durch die Etablierung interner Unternehmensrichtlinien erfolgen.
Empfehlungen für Unternehmen
In unserer Beratungspraxis haben sich mit Bezug auf KI und Urheberrecht folgende Maßnahmen als zielführend erwiesen:
- Interne Richtlinien zur KI-Nutzung festlegen, die Einsatzbereiche, zulässige Input-Quellen und den Umgang mit urheberrechtlich geschützten Inhalten eindeutig regeln.
- Mitarbeitende regelmäßig auf urheberrechtliche Risiken bei der KI-Nutzung sensibilisieren.
- KI-generierte Outputs sind wie externe Werke auf mögliche Urheberrechtsverletzungen zu prüfen und im Zweifel manuell oder per Plagiatsscan zu kontrollieren.
- Beim Hochladen eigener oder fremder Inhalte in KI-Systeme (z.B. zur Analyse oder Bearbeitung) ist sicherzustellen, dass die Inhalte entweder gemeinfrei, lizenziert oder selbst erstellt sind.
- Vor dem Einsatz externer KI-Dienstleister (z. B. über APIs oder Plattformen) sollte geprüft werden, welche Rechte an Input und Output eingeräumt oder übertragen werden. Idealerweise sollten Dienste genutzt werden, die eine kommerzielle Nutzung des Outputs rechtssicher erlauben. Dies ist entsprechend zu dokumentieren.
- Grundsätzlich sind möglichst nur solche KI-Systeme einzusetzen, die auf lizenzierten oder gemeinfreien Trainingsdaten basieren oder deren Output rechtssicher nutzbar ist.
Fazit
Die Verantwortung für die Einhaltung des Urheberrechts liegt bei den Nutzern und Betreibern von KI-Systemen, die sicherstellen müssen, dass keine urheberrechtlich geschützten Inhalte unrechtmäßig verwendet werden.
Derzeit sind in diesem Zusammenhang zwei bedeutende Klagen in Deutschland anhängig: Eine Klage der GEMA gegen OpenAI, weil ChatGPT mit geschützten Texten, wie beispielsweise Songtexten, trainiert wurde, sowie eine Klage der GEMA gegen Suno Inc. wegen der Verarbeitung geschützter Musikaufnahmen ohne entsprechende Lizenz. Diese laufenden Verfahren verdeutlichen, dass die rechtlichen Auseinandersetzungen um die Nutzung von KI und Urheberrecht in der Zukunft relevant bleiben und ein nicht zu unterschätzendes Risiko für Unternehmen bilden.