DSGVO-konforme Einholung von Selbstauskünften bei Mietinteressenten

Vermieter bzw. deren Immobilienmakler oder Hausverwaltungen stellen an Mietinteressenten häufig viele Fragen – sei es schon vor der Besichtigung oder erst bei geäußertem Mietinteresse. Doch wann welche Fragen zulässig sind und auf Basis welcher Rechtsgrundlage die personenbezogenen Daten von Mietinteressenten verarbeitet werden dürfen, ist genau geregelt.

Die meisten Vermieter dürften erstaunt sein, wie wenig Informationen sie nach Meinung der Aufsichtsbehörden erfragen dürfen.

Besonderes Interesse an Daten von Mietinteressenten

Gut die Hälfte der deutschen Bevölkerung sind Mieter. Mancherorts ist der Druck auf dem Wohnungsmietmarkt sehr hoch, viele Mietinteressenten konkurrieren um Wohnraum. Dies führt häufig dazu, dass Vermieter oder die beauftragten Immobilienmakler bzw. Hausverwaltungen bereits vorab viele personenbezogene Daten von den Mietinteressenten erheben, um eine geeignete Auswahl treffen zu können.

Die Datenschutzkonferenz (DSK) der deutschen Aufsichtsbehörden veröffentlichte deswegen schon im Jahr 2018 eine Orientierungshilfe zur Einholung von Selbstauskünften bei Mietinteressentinnen. Vor kurzem aktualisierte die DSK ihre Orientierungshilfe und ergänzte diese um einen Musterfragebogen.

Dass Vermieter gut beraten sind, sich an die Vorgaben der Aufsichtsbehörden zu halten, zeigen bspw. auch die anlasslosen Prüfungen des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht (BayLDA) im Jahr 2022 hinsichtlich der Datenschutzkonformität von Verarbeitungen personenbezogener Daten von Mietinteressenten bei Immobilien- und Hausverwaltungen.

Zulässige Datenverarbeitung bei der Vermietung

Beim Besichtigungstermin

Die DSK erachtet die Einholung der folgenden Informationen als grundsätzlich zulässig, um eine Besichtigung der Räumlichkeiten zu organisieren:

  • Name, Vorname und Anschrift
  • Bei dem Besichtigungstermin dürfen sich Vermieter den passenden Personalausweis zeigen lassen und den Umstand der Überprüfung dokumentieren.
  • Falls zutreffend: Angaben aus Wohnberechtigungsschein.

Die Verarbeitung dieser Informationen beruht auf dem berechtigten Interesse des Vermieters gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO.

In der Praxis kommt es jedoch häufig vor, dass Vermieter oder von ihm beauftragte Immobilienmakler bzw. Hausverwaltungen aufgrund der hohen Nachfrage nach einer Wohnung und Anzahl der Interessensbekundungen von potenziellen Mietern um weitere Informationen bitten, bevor ein Besichtigungstermin vereinbart wird.

Der Vermieter bzw. von ihm beauftragte Immobilienmakler weisen in der Regel darauf hin, dass die Bereitstellung dieser weiteren Informationen völlig freiwillig ist und die Verarbeitung auf der Grundlage einer Einwilligung erfolgt. Aussagen wie die folgende sind üblich: „Erhöhe die Chance auf einen Besichtigungstermin! Du kannst deinen zukünftigen Vermieter freiwillig mehr Infos über dich mitteilen.“ Daraufhin werden Angaben zum geplanten Einzugsdatum, zur finanziellen Situation, zu Haustieren, zur Beschäftigung und zu den vollständigen Bewerbungsunterlagen erwünscht.

Die Orientierungshilfe der DSK erachtet diese Vorgehensweise als äußerst problematisch. Die DSK weist darauf hin, dass das Vorhandensein einer anderen Rechtsgrundlage (wie Art. 6 Abs. 1 lit. b) und f) DSGVO) die Berufung auf eine Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO ausschließt. Daher ist die Wirksamkeit der Einwilligung anzweifelbar.

Zudem kann keine freiwillige Einwilligung des Mietinteressenten vorliegen, auf die sich die Verarbeitung dieser weiteren Informationen während der Besichtigungsphase stützen kann, wenn dem Mietinteressenten bewusst ist, dass er ohne die Angabe dieser weiteren Informationen kaum eine Chance hat, überhaupt einen Besichtigungstermin zu erhalten bzw. einen Mietvertrag abzuschließen. Das zwingt den Mietinteressenten faktisch dazu, seine Einwilligung zu erteilen, und entwertet die Einwilligung damit.

Generell sieht die DSK die Einholung von Einwilligungserklärungen von Mietinteressenten, um die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zu begründen, als nicht rechtmäßig.

Der Vermieter hat zwar triftige praktische Gründe dafür, dass er die zahlreichen Interessenten in einem frühen Stadium des Prozesses herausfiltern möchte, doch fehlt ihm aus datenschutzrechtlicher Sicht eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung dieser weiteren Informationen zu diesem Zeitpunkt. Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ohne gültige Rechtsgrundlage drohen Bußgelder gemäß Art. 83 DSGVO.

Bei Anmietungsinteresse des Mietinteressenten

Die DSK schränkt weiter ein, was rechtmäßig erfragt werden darf, d. h. welche personenbezogenen Daten rechtmäßig verarbeitet werden können, wenn der Interessent die Wohnung besichtigt hat und an einer Anmietung interessiert ist.

Die Rechtsgrundlage zu diesem Zeitpunkt wäre Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO, Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen. Die Orientierungshilfe der DSK stellt klar, dass nur die Informationen abgefragt werden dürfen, die zur Begründung eines Mietverhältnisses unbedingt erforderlich sind.

Die DSK gibt die folgenden Fragen als Beispiele für Fragen an, die sie für vertretbar hält, stellt aber klar, dass es Fälle geben kann, in denen noch weniger (!) Fragen notwendig sind:

  • Die Anzahl der einziehenden Personen und Informationen darüber, ob es sich um Kinder und/oder Erwachsene handelt. Weitere Angaben dürfen zu diesen Personen nicht eingeholt werden, es sei denn, diese möchten Mietvertragspartner sein.
  • Falls zutreffend: Übergabe des Wohnberechtigungsscheins
  • Angaben zum derzeitigen Arbeitgeber
  • Angaben zum derzeitigen ausgeübten Beruf, jedoch nicht die Dauer der Beschäftigung. Gemäß der DSK bietet die Dauer einer Beschäftigung „in einer mobilen Gesellschaft hingegen keine Gewissheit über die Fortdauer und Beständigkeit des Beschäftigungsverhältnisses und ist daher ungeeignet, das Sicherungsbedürfnis der Vermieter:innen zu erfüllen“.
  • Angabe der Einkommensverhältnisse:
    • Angabe der Höhe des monatlichen Nettoeinkommens bzw. desjenigen Betrags, der nach Abzug der laufenden monatlichen Belastungen für die Tilgung des Mietzinses zur Verfügung steht oder
    • Angabe, ob zur Tilgung des Mietzinses mindestens ein Betrag in einer bestimmten Höhe monatlich zur Verfügung steht (begrenzt auf eine Ja/Nein-Antwort)
    • Nachweise der Einkommensverhältnisse sind erst im nächsten Schritt erlaubt.
  • Sofern die Tierhaltung nicht ohnehin im zukünftigen Mietvertrag als zulässig vereinbart ist: Angaben zu Haustieren (Kleintiere sind ausgenommen)
  • Ob ein offenes Insolvenzverfahren besteht (begrenzt auf eine Ja/Nein-Antwort)
  • Ob gegen den Mietinteressenten in den letzten fünf Jahren ein Räumungstitel hinsichtlich dessen Wohnraums ergangen ist (begrenzt auf eine Ja/Nein-Antwort)

Nur anhand dieser Informationen ist es dem Vermieter erlaubt, sich für einen Mietinteressenten zu entscheiden.

Die Verarbeitung von weiteren personenbezogenen Daten etwa zur Religion, Rasse, ethnische Herkunft bzw. Staatsangehörigkeit, Vorstrafen und strafrechtliche Ermittlungsverfahren, Heiratsabsichten, Schwangerschaften, Kinderwünsche oder Mitgliedschaften in Parteien und Mietvereinen ist in der Regel datenschutzrechtlich nicht zu rechtfertigen.

Nachweise oder sonstige Dokumente sind zu diesem Zeitpunkt im Vermietungsprozess unzulässig.

Während der Entscheidung des Vermieters für die zukünftige Mietvertragspartei

Nachdem sich der Vermieter für einen bestimmten Mietinteressenten entschieden hat und der Abschluss des Mietvertrags unmittelbar bevorsteht, können folgende Informationen und Nachweise von dem ausgewählten Interessenten verlangt werden:

  • Ein Nachweis über das derzeitige Monatseinkommen bzw. einen Nachweis, aus dem sich ergibt, dass der Mietinteressent monatlichen Mietzinszahlungen leisten kann. Als Nachweise können Lohn- oder Gehaltsabrechnungen, Kontoauszüge oder Einkommenssteuerbescheide dienen. Nicht erforderliche Angaben sollten jedoch auf den Nachweisen geschwärzt sein.
  • Ein Nachweis über die wirtschaftliche Bonität für den spezifischen Fall der Eingehung eines Mietverhältnisses durch den Mietinteressenten. Sollte dieser fehlen, ist es dem Vermieter gestattet, eine Abfrage zur Bonität des Mietinteressenten bei einer Auskunftei durchzuführen, solange nicht bereits ausreichende Informationen über die Bonität der Mietinteressent vorliegen.
  • Ob der Mietinteressent in seinem bestehenden Mietverhältnis seine Mietzahlungspflicht für zwei aufeinanderfolgende Monate in der Höhe von mehr als einer Monatsmiete oder innerhalb eines Zeitraums von mehr als zwei Monaten in Höhe von mindestens zwei Monatsmieten verletzt hat oder (begrenzt auf eine Ja/Nein-Antwort).
  • Ob das letzte Mietverhältnis wegen einer tatsächlich vorliegenden, erheblichen Verletzung des Mietvertrags rechtswirksam oder aufgrund einer solchen Pflichtverletzung rechtskräftig festgestellt gekündigt wurde, und wenn ja, um welche Pflichtverletzung es sich handelte.

Sofern einer der letzten drei Punkte bejaht wurde, kann der Mietinteressent Gründe vortragen, warum die benannte Pflichtverletzung im angestrebten Mietverhältnis nicht erneut zu erwarten ist (z. B. höheres Nettoeinkommen usw.).

Löschung der Daten von Mietinteressenten

Bei der Löschung der Daten von Mietinteressenten kann nach folgenden Szenarien unterschieden werden:

  • Mietinteressenten, die sich für einen Besichtigungstermin angemeldet haben, aber nicht erschienen sind.
  • Mietinteressenten, die zur Besichtigung kamen, aber die Wohnung nicht mieten wollten.
  • Mietinteressenten, die einen Besichtigungstermin wünschten, aber nicht die Kriterien erfüllten (sprich keinen Wohnberechtigungsschein hatten) oder nicht für einen Termin kontaktiert werden konnten (z.B. falscher Name oder Kontaktdaten).
  • Mietinteressenten, welche ein Anmietungsinteresse äußerten, aber nicht vom Vermieter genommen wurden.

Die personenbezogenen Daten dieser Mietinteressenten sind zu löschen, wenn sie für den Zweck, zu dem sie erhoben wurden (Organisation eines Besichtigungstermins und/oder Prüfung, ob mit dem Mietinteressenten ein Vertrag abgeschlossen werden soll), nicht mehr benötigt werden (Art. 17 Abs. 1 lit. a) DSGVO). Sofern diese Gruppe von Mietinteressenten Ansprüche auf Beseitigung einer Benachteiligung nach § 21 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verlangen können, müssen die Daten regelmäßig spätestens nach 6 Monaten gelöscht werden, soweit keine weitere Geltendmachung von Ansprüchen infrage kommt.

Achtung: Makler oder Hausverwaltungen dürfen personenbezogene Daten der Mietinteressenten nur bis zum Abschluss eines Mietvertrags mit einem anderen Mietinteressenten speichern.

Tipp: Mehr erfahren Sie in unseren Ratgeber zur DSGVO-konformen Löschung der Daten von Mietinteressenten.

Die Kontaktdaten, und nur die Kontaktdaten, dieser Mietinteressenten dürfen weiterhin gespeichert werden, sofern eine gültige Einwilligung oder eine andere Rechtsgrundlage existiert. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Mietinteressenten über weitere zu vermietende Wohnungen benachrichtigt werden möchten.

Die DSK stellt zudem klar, dass das Führen einer schwarzen Liste oder der Abgleich aktueller Mietinteressenten mit einer bestehenden Datenbank mangels Rechtsgrundlage grundsätzlich unzulässig ist.

Das letzte Szenario ist der erfolgreiche Mieter: Auch dessen personenbezogene Daten, die im Rahmen des Vermietungsprozesses erhoben und verarbeitet wurden, müssen gelöscht werden, wenn sie nicht für die Durchführung des Mietvertrags erforderlich sind.

Praktische Implikationen für Vermieter, Immobilienmakler und Hausverwaltungen

Dieser strenge Ansatz der DSK klingt zunächst wie ein praktischer Albtraum für Vermieter, Immobilienmakler oder Hausverwaltungen. Eine erste Filtrierung der Mietinteressenten vor dem Besichtigungstermin ist nicht möglich, da die dafür notwendigen Informationen zu diesem Zeitpunkt nicht erhoben werden dürfen. Ohne die Möglichkeit, den Personenkreis, der zu Besichtigungen eingeladen wird, einzuschränken, müssen Vermieter mit deutlich mehr Arbeit rechnen.

Darüber hinaus wird von den Vermietern erwartet, dass sie ihre Entscheidung, mit wem sie einen Mietvertrag abschließen, mit viel weniger Informationen treffen, als sie es bisher gewohnt sind. Dadurch kann der Vermieter, nachdem er sich für einen bestimmten potenziellen Mietinteressenten entschieden und weitere Informationen angefordert hat, gezwungen sein, diesen Prozess mehrfach zu wiederholen, wenn die weiteren Informationen Zweifel an der Eignung des ersten identifizierten Interessenten aufkommen lassen.

Alles in allem ist das von der DSK vorgeschlagene Vorgehen ein ziemlicher Bruch zu dem, was Vermieter derzeit gewohnt sind, und bringt einen erheblichen Mehraufwand mit sich. Vermieter sind jedoch gut beraten, dem von der DSK vorgeschlagenen Ansatz zu folgen. Erstens riskieren sie Sanktionen gemäß DSGVO, wenn sie personenbezogene Daten ohne gültige Rechtsgrundlage erheben und verarbeiten. Zweitens riskieren sie falsche Informationen zu erhalten, wenn sie personenbezogene Daten erfragen, die sie nicht benötigen. Denn wie die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit klarstellt: „Unzulässige Fragen müssen Interessent:innen grundsätzlich gar nicht beantworten, sie können aber auch nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden, ohne negative Folgen befürchten zu müssen.“

Ob sich die DSGVO-konforme Verarbeitung der personenbezogenen Daten von Mietinteressenten durchsetzt, wird letztlich von der Häufigkeit von Beschwerden (abgelehnter) Mietinteressenten und der darauf folgenden Sanktionspraxis der Aufsichtsbehörden abhängen.

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