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Patientenakten und Datenschutz: Was müssen Ärzte bei einer Praxisübernahme beachten?

Inhalt

Wechselt eine Arztpraxis ihren Besitzer, stellt sich die Frage, ob der Nachfolger die Patientenakten vom Vorgänger einsehen und benutzen darf. Denn natürlich lohnt es sich für den neuen Arzt, den Patientenstamm zu übernehmen, weil so ein Kerngeschäft bereits vorhanden ist. Doch bei den vorhandenen Patientenakten des Vorgängers ist neben dem klassischen Patientengeheimnis auch der Datenschutz zu beachten. Immerhin handelt es sich bei Gesundheitsdaten um besondere personenbezogene Daten, welche besonders schützenswert sind. Wie mit alten Patientenakten bei Praxisübernahme oder Praxisauflösung umgegangen werden sollte, erfahren Sie in diesem Artikel.

Dürfen Patientenakten „vererbt“ werden?

Da hinter jeder Patientenakte das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient steht und dieses Vertrauensverhältnis nicht einfach auf einen Dritten erweitert werden kann, ist nicht davon auszugehen, dass Patientenakten ohne weiteres an einen Nachfolger übergeben werden können. Ein Patient, der die Behandlung eines bestimmten, nämlich seines Arztes gesucht hat, will nicht automatisch von dessen Nachfolger behandelt werden. Konsequenterweise muss das auch bei der Aktenverwaltung berücksichtigt werden.

Wie sollten Patientenakten nach Praxisübergabe behandelt werden?

Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein schlägt für Praxisübernahmen bzw. -übergaben das sogenannte „Zwei-Schrank-Modell“ vor. Danach werden die Patientenakten des Vorgängers in einem anderen Schrank gelagert, als die Akten des Nachfolgers. Der Nachfolger hat keine Erlaubnis, auf die Patientenakten des Vorgängers zuzugreifen. Im Fall einer elektronischen Aktenverwaltung sollte durch Zugangsbeschränkungen ebenso verfahren werden. Ein Zugriff auf die Akte des Vorgängers sollte demnach standardmäßig für den Nachfolger ausgeschlossen sein.

Natürlich kann der Nachfolger die Bestandspatienten über den Umstand des Praxisübergangs aufklären und fragen, ob er die angelegte Akte seines Vorgängers übernehmen darf. Sollte der neue Arzt jeweils die ausdrückliche Einwilligung der Patienten bekommen, so kann die vorhandene Akte ohne Probleme in die jetzt neu angelegte Akte übernommen werden. Dieser Vorgang sollte schriftlich dokumentiert und die Einwilligungserklärung Teil der neuen Patientenakte werden.

1. Ausnahme: Nachfolger-Arzt ist bereits bekannt

Wie immer bestätigen Ausnahmen die Regel. So kann eine Altakte vom nachfolgenden Arzt weiterverwendet werden, wenn dieser schon unter dem Vorgänger längere Zeit in der Praxis tätig war und erst im Nachhinein die Praxis erwarb. Dadurch war der Aktenzugriff ohnehin schon erlaubt, um eine effektive Behandlung durch die in der Praxis tätigen Ärzte zu gewährleisten. In der Regel dürfte der neue Arzt den Patienten dann auch bereits bekannt sein. Es wäre praxisfern hier noch eine separate Einwilligung zu fordern.

2. Ausnahme: Patientenakten beim Betriebsarzt

Eine weitere Ausnahme besteht bei Betriebsärzten, da hier das oben angesprochene Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nicht in dieser ausgeprägten Form besteht. Zwar unterfällt der Betriebsarzt auch der ärztlichen Schweigepflicht. Allerdings ist er bestellt, um den Arbeitgeber bei Gesundheitsfragen in dessen Unternehmen zu unterstützen. Arbeitnehmer werden daher zu Pflichtuntersuchungen gebeten, damit der Arbeitgeber seiner Sorgfaltspflicht gegenüber seinen Arbeitnehmern in Bezug auf ein gesundes Arbeitsumfeld gerecht wird.

Allerdings bedeutet das nicht, dass Arbeitnehmer sich in allen medizinischen Fragen an den Betriebsarzt wenden müssen. Meist wird auch hier für spezielle medizinische Probleme auf den Hausarzt oder einen Spezialisten zurückgegriffen. Der Betriebsarzt hat im besten Falle also nur das verlangte Minimum an medizinischen Daten in seinen Aufzeichnungen – zumindest solange, wie Arbeitnehmer sich nicht auf freiwilliger Basis dem Betriebsarzt anvertrauen.

Bei einem Wechsel des Betriebsarztes wird daher davon ausgegangen, dass die Patientenakten an den neuen Betriebsarzt übergeben werden. Schließlich soll der in der Lage sein, die Aufgaben seines Vorgängers für den Arbeitgeber nahtlos weiter erfüllen zu können. Eine ausdrückliche Einwilligung der Mitarbeiter bzw. Patienten ist hier daher nicht vorgesehen. Aus Transparenzgrüngen sollte aber ein Wechsel des Betriebsarztes im Unternehmen deutlich kommuniziert werden.

Ferner ist auch zu beachten, dass bei einem Wechsel des Betriebsarztes zumindest eine Widerspruchsmöglichkeit für die Teile der Akte eingeräumt wird, die der Vorgänger außerhalb einer Pflichtuntersuchung angelegt hat. Mit anderen Worten: Die medizinischen Daten, die ein Patient dem Betriebsarzt freiwillig zugänglich gemacht hat, unterfallen eben nicht dieser Ausnahme und müssen für den neuen Betriebsarzt gesperrt werden.

Aufbewahrungspflichten für Patientenakten

In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, dass weder Altakten bei einer Praxisübernahme, noch Teile der Patientenakte bei einem Wechsel des Betriebsarztes gelöscht werden dürfen. Dies gilt auch, wenn eine Praxis mangels Nachfolger ganz geschlossen werden muss. Medizinische Akten sind in Deutschland zehn Jahre lang aufzubewahren. Patientenakten bzw. Teile dieser dürfen daher nur gesperrt werden (und müssen dies auch!), wenn die oben beschriebenen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Im Falle der vollständigen Schließung einer Arztpraxis muss dies ebenso beachtet werden. Die Akten sind sicher zu verwahren, um einen späteren Zugriff durch den jeweiligen Patienten zu gewährleisten. Erst nach der gesetzlichen Frist dürfen die Akten vernichtet werden.

Dieser aktualisierte Artikel wurde zuerst am 19. November 2015 veröffentlicht.

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