Schutz von Kundendaten beim Verkauf von Unternehmen

Wird ein Unternehmen oder Teile davon verkauft, gelangen meist auch Kundendaten in die Hände des neuen Eigentümers. Doch dabei ist Vorsicht geboten, denn gesammelte Kundendaten sind personenbezogene Daten, die meist über reine Listendaten hinausgehen. Solche personenbezogenen Daten können aufgrund des geltenden Datenschutzrechts nur mit Einwilligung der Betroffenen oder auf Basis einer einschlägigen Rechtsgrundlage verarbeitet werden. Die Übermittlung der Daten an einen neuen Eigentümer stellt unter Umständen eine Verarbeitung nach DSGVO (EU-Datenschutz-Grundverordnung) dar. Wie Kundendaten rechtskonform übertragen werden können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Datenschutzrechtliche Grundlagen beim Unternehmensverkauf

Dass dem Datenschutz beim Unternehmensverkauf ausreichend Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte, zeigt ein Fall aus dem Jahr 2015: Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) verhängte Bußgelder in fünfstelliger Höhe sowohl gegen den Verkäufer als auch gegen den Käufer eines Onlineshops. Die Behörde beanstandete, dass beim Unternehmensverkauf auch die Kundendaten im Rahmen eines Asset Deals vom Verkäufer an den Käufer des Onlineshops übermittelt wurden – und das ohne Rechtsgrundlage.

Das zentrale Problem ist, dass es beim Unternehmensverkauf zu einer Verarbeitung von Daten kommt. Bei der Kundendatenübermittlung ist stets das zugrundeliegende Rechtsgeschäft zu beachten. Aus datenschutzrechtlicher Perspektive beurteilen sich solche Übermittlungen immer nach dem abgeschlossenen Vertrag (Deal): Zu unterscheiden sind die Verschmelzung von Unternehmen nach dem Umwandlungsgesetz sowie Shared Deals und Asset Deals.

Kundendatenübermittlung bei Unternehmens-Verschmelzung

Bei der Verschmelzung mehrerer Unternehmen treten nach herrschender Rechtsmeinung die verschmolzenen Unternehmen eine Gesamtrechtsnachfolge an. Mit anderen Worten: Die verschmelzenden Unternehmen stehen jeweils für die Rechte und Pflichten des anderen ein und agieren zukünftig als ein Unternehmen. In diesem Fall wird eine Übermittlung von Kundendaten verneint, da diese nicht weitergegeben werden, sondern – so wie sie sind – der neuen Unternehmensform erhalten bleiben.

Kundendatenübermittlung beim Shared Deal

Beim Shared Deal werden Anteile des Unternehmens an einen Käufer verkauft und übereignet (meist in Form von Aktien bzw. anderen Wertpapieren). Das Unternehmen an sich ist jedoch davon in der Art der Ausübung seiner Geschäfte nicht betroffen und operiert weiter wie bisher. Daher wird auch hier nicht von einer Übermittlung von Daten an den neuen Anteilseigner des Unternehmens ausgegangen.

Kundendatenübermittlung beim Asset Deal

Anders sieht das beim Asset Deal aus. Hier werden bestimmte Assets – also Vermögenswerte – im Rahmen eines Verkaufs übertragen. Auch ein Kundendatenstamm kann einen solchen Vermögenswert darstellen. Dabei ändert sich die Eigentumslage dieser Vermögenswerte und es wird von einer Kundendatenübermittlung, also einer Verarbeitung im Sinne der DSGVO ausgegangen, für die eine Einwilligung der betroffenen Kunden oder aber eine andere Rechtsgrundlage vorliegen muss.

Wie können Kundendaten beim Asset Deal rechtskonform übertragen werden?

Sollen im Rahmen eines Asset Deals Kundendaten verkauft werden, dürfen Unternehmen nicht automatisch von einer Einwilligung der Betroffenen ausgehen. Zugleich erscheint es wenig erfolgversprechend, eine Einwilligung von jedem einzelnen Betroffenen einzuholen.

Die Suche nach einer gesetzlichen Grundlage beschränkt sich auf Art. 6 DSGVO und hier Buchstabe f). Der Ausgang der notwendigen Interessenabwägung ist grundsätzlich offen und muss anhand des konkret in Frage stehenden Datenbestands geklärt werden. Dies kann, insbesondere bei großen Datenbeständen, eine Herausforderung darstellen.

Aber auch bei einem Asset Deal über Kundendaten kann ein Bußgeld vermieden werden. So sind etwa aus Sicht des BayLDA Unternehmen nicht gezwungen, die Einwilligung der Betroffenen nachträglich einzuholen. Stattdessen akzeptiert die Datenschutzaufsichtsbehörde eine sogenannte Widerspruchslösung. Es wird also als ausreichend angesehen, wenn

  1. Betroffene vor (!) der Übermittlung ihrer Daten an ein anderes bzw. neues Unternehmen auf die bevorstehende Übermittlung hingewiesen werden,
  2. ihnen ein Widerspruchsrecht eingeräumt wird und
  3. die Kunden der Übermittlung der Daten letztendlich nicht widersprechen.

Bei Beachtung dieser Vorgaben, steht auch einer Kundendatenübermittlung im Rahmen eines Asset Deals nichts im Wege.

Vorsicht ist geboten, wenn besondere personenbezogene Daten betroffen sind. Die Voraussetzungen der in Art. 9 DSGVO vorgesehenen gesetzlichen Erlaubnistatbestände sind in Asset-Deal-Fällen nicht erfüllt. Hier bleibt allein die Einwilligung der Betroffenen.

Dieser aktualisierte Artikel wurde zuerst am 30. November 2015 veröffentlicht.

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13 Kommentare

  1. Thomas Freyer Profilbild
    Thomas Freyer

    Hallo Herr Plankemann,

    die bayrische Auffassung ist allerdings keine Mehrheitsmeinung. Es ist hier jeder gut beraten, zwingend eine Einwilligung einzuholen. Der lit. f) ist insgesamt bei Massendaten sehr gewagt. Sie müssen nur einen Fall haben, dass bei jemanden die schutzwürdigen Belange höher wiegen.

    Am besten ist es, das Unternehmen selber zu verkaufen am besten eine Körperschaft. Anderenfalls ist auch die Möglichkeit, der neue Inhaber tritt dem Unternehmen bei und dann steigt der alte aus und man benennt es später um.

    1. Michael Plankemann Profilbild
      Michael Plankemann

      Vielen Dank für den Beitrag zu diesem bereits betagten Artikel.
      Sie haben Recht. Falls tatsächlich Daten in einem Bestand sein könnten, die hochsensibel sind oder besondere personenbezogene Daten, kann der beschriebene Weg versperrt oder zumindest riskant sein, wie es am Ende kurz angerissen ist. Ein Überblick darüber, welche Daten im eigenen Bestand sind oder sein können, ist auch vor diesem Hintergrund wichtig. Die Interessenabwägung ist so gesehen immer ein gewisses Risiko, wenn ich sie pauschal auf einen Datenbestand anwende, bei dem nicht mit Sicherheit eine abschließende und ausschließende Beurteilung möglich ist. Aus praktischer Sicht muss man hier möglichst gut und mit etwas Vorsicht raten und das Restrisiko akzeptieren, wenn man sich nicht tatsächlich mit jedem einzelnen Fall beschäftigten möchte.
      Gerade aber bei Massendaten wird es praktisch auch zunehmend schwer, von jedem einzelnen eine individuelle Einwilligung einzuholen.

      Die Möglichkeit, über das Gesellschaftsrecht dafür zu sorgen, dass es sich im Ergebnis um eine Rechtsnachfolge handelt und nicht um einen Wechsel des Verantwortlichen, besteht sicher auch. Nur setzt das voraus, dass eine Gesellschaftsform besteht oder geschaffen wird, die solche Akrobatik zulässt.

  2. Timon Müller Profilbild
    Timon Müller

    Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Kauf und Verkauf. Ich möchte einen Kaufvertrag erstellen. Interessant, dass bei der Verschmelzung mehrerer Unternehmen nach herrschender Rechtsmeinung die verschmolzenen Unternehmen eine Gesamtrechtsnachfolge antreten.

  3. Martin Görrres Profilbild
    Martin Görrres

    Guten Tag Herr Michael Plankemann,

    besten Dank für Ihren Beitrag.

    Ich bin Geschäftsführer einer 2-Personen-GbR. Mein Geschäftspartner wird in Kürze aus der GbR austreten. Ich werde von mein Übernahmerecht Gebrauch machen, so wächst das Gesellschaftsvermögen mir ohne Einzelübertragung an. Mein Partner erhält eine Abfindung.

    Wir betreiben einen Onlineshop. Wir schreiben regelmäßig nur unsere Käufer=Kunde per Newsletter (Mail) für Aktionen zum Vorteilspreis an. Aus gesetzlichen Vorschriften (§ 7 Abs. 3 UWG), dürfen wir dies auch ohne Einwilligung des Kunden wenn wir ähnliche Waren und Dienstleistungen im Newsletter bewerben. Eine typische Newsletter Anmeldungen für nicht Käufer gibt es bei uns nicht. Wir wollen halt ausschließlich unsern Käufern diesen Vorteilspreis anbieten.
    Natürlich kann sich jeder Käufer/Kunde bei uns im Newsletter mit einem Klick abmelden (DSGVO).

    Durch das Ausscheiden meines Partners wird die GbR automatisch aufgelöst und umgewandelt…..

    Darf ich jetzt dann überhaupt noch die alten Kunden der GbR per Newsletter anschreiben ohne Zustimmung des Käufers/Kunden?

    Über eine kurze Antwort würde ich mich freuen.

    Bleiben Sie gesund!

    MfG
    Martin Görrres

    ps.:
    Bei Listendaten ist das kein Problem aber bei E-Mail-Adressen, Telefonnummern oder Kaufhistorie……können Geldbußen von bis zu 300.000,- € geahndet werden. rrrrrrrrrrrrrrrrrrrr ;-)

    1. Michael Plankemann Profilbild
      Michael Plankemann

      Sehr geehrter Herr Görres,
      besten Dank für Ihre Frage. Diese ist allerdings so konkret, dass wir in den Bereich der Einzelfallberatung geraten, die wir ohne Mandat nicht erbringen dürfen. Ich antworte daher allgemein.

    2. § 7 Abs. 3 UWG erlaubt nicht automatisch den Versand von Werbung, sondern nur, wenn alle dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
    3. Eine wirksame Rechtsgrundlage des Rechtsvorgängers geht grundsätzlich auf den Rechtsnachfolger über.
    4. “Listendaten” gab es nur unter dem alten Bundesdatenschutzgesetz. Weder DSGVO noch aktuelles BDSG kennen den Begriff.
    5. Sie scheinen sich auch an der alten Bußgeldvorschrift des ehemaligen § 43 BDSG zu orientieren. Die möglichen Bußgelder unter der DSGVO sind wesentlich höher.
    6. Vielleicht kann Ihnen unser Whitepaper E-Mailmarketing helfen, Ihre Fragen zu beantworten?

      1. Martin Görrres Profilbild
        Martin Görrres

        Sehr geehrter Herr Plankemann,

        besten Dank für Ihre schnelle Antwort.

        Verstehe ich das richtig, übernimmt ein Teilhaber einer GbR alle anderen Anteile dieser GbR und wird somit unweigerlich zu einem Einzelunternehmer, dann ist dieser ein Rechtsnachfolger, auf den die wirksame Rechtsgrundlage der GbR übergeht. Und dieser Rechtsnachfolger darf weiterhin die E-Mail Kundendaten für Newsletter zu Werbezwecken nutzen ohne erneute Zustimmung der Bestandskunden.

        Vielen Dank vorab für Ihre Antwort.

        Mit freundlichen Grüßen
        Martin Görres

        1. Michael Plankemann Profilbild
          Michael Plankemann

          Sehr geehrter Herr Görres,

          wie gesagt, können wir an dieser Stelle nur allgemeine Auskünfte erteilen und nicht im Einzelfall rechtlich beraten. Der Sachverhalt ist ggf. komplex. Eine auf alle Fälle passende Standardantwort gibt es nicht.
          Ich bitte um Verständnis.

  4. Maximilian Greger Profilbild
    Maximilian Greger

    Lieber Herr Kollege,

    vielen Dank für Ihren Beitrag. Eine Frage, die sich mir öfters stellt: benötigt man für sog. “Listendaten” eine Einwilligung?

    Nach alter Gesetzeslage (§ 28 III 2 BDSG (alt)) durften Listendaten ja zu Werbezwecken an Dritte – ohne Einwilligung – übermittelt werden, nämlich v. a. Name und Postanschriften von Kunden sowie die Zugehörigkeit zum Listenmerkmal (z. B. „alle Kunden von xy“).

    Nach der DSGVO gibt es zwar keine „Listendaten“ mehr. Aber wollte der EU-Gesetzgeber eine Verschärfung mit der Folge, dass nun auch Listendaten nicht mehr ohne Einwilligung weitergegeben werden dürfen?

    Beste kollegiale Grüße

    Dr. Max Greger
    SNP Schlawien

    1. Michael Plankemann Profilbild
      Michael Plankemann

      Sehr geehrter Herr Dr. Greger,
      besten Dank für die Anfrage.

      Die DSGVO führt nicht pauschal zu einer Verschärfung. Im Gegenteil, in Bezug auf Werbezwecke brachte sie sogar eine Aufweichung mit sich. Die früher gesonderten und strengen Regelungen speziell für Werbung sind ersatzlos entfallen. An ihre Stelle treten damit die allgemeinen, offen formulierten Regelungen. Für Werbung wäre dies ebenfalls Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO, mit der dort vorgesehenen Interessenabwägung.
      Die Einwilligung ist selbstverständlich möglich, aber nicht unbedingt zwingend.

      Was die früheren “Listendaten” angeht, so wird man die dahinter stehende Überlegung in die Zeit unter der DSGVO übertragen können. Diese Informationen sind in aller Regel nicht sonderlich schutzbedürftig, der Verwendung zur postalischen Werbung entgegenstehende Interessen eines Betroffenen drängen sich damit nicht auf. Die Argumentation im Rahmen der Abwägung nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO ist damit grundsätzlich erleichtert. Im Ergebnis aber verbleibt es bei der Abwägung der Interessen im Einzelfall, wobei man im von Ihnen genannten Fall sowohl die Weitergabe an sich, als auch die geplante Verwendung berücksichtigen werden muss. Im letzteren Zusammenhang dürfen auch die zusätzlichen Hürden des UWG nicht übersehen werden.

  5. David Holwerda Profilbild
    David Holwerda

    Frage : Ein masseverwalter verkauft Daten von Kunden, ohne Wissen des Kunden, von ein Insolvenze Firma an eine andere Firma.
    Ist das erlaubt?

    1. Michael Plankemann Profilbild
      Michael Plankemann

      Vielen Dank für Ihre Anfrage!
      Wie im Artikel dargelegt, ist dies eine Einzelfallfrage. Ohne eine belastbare Rechtsgrundlage ist der Verkauf von personenbezogenen Daten nicht möglich. Ob und welche in dem von Ihnen angesprochenen Fall anwendbar ist, müssten Sie bitte mit Hilfe Ihrer Rechtsberatung klären lassen. Vermuten Sie einen Verstoß gegen das Datenschutzrecht, steht Ihnen als Betroffener auch die Möglichkeit der Beschwerde an eine Aufsichtsbehörde offen.

  6. Florentin Eilers Profilbild
    Florentin Eilers

    Mein Bruder verkauft sein Unternehmen und ist es ein Asset Deal. Kundendatenübermittlung ist natürlich ein Teil von der Transaktion. Sie haben geschrieben, dass für die eine Einwilligung der betroffenen Kunden oder aber eine andere Rechtsgrundlage vorliegen muss. Wird es die Verpflichtung meines Bruders oder des Käufers sein, um die Kunden zu informieren?

    1. Michael Plankemann Profilbild
      Michael Plankemann

      Vielen Dank für Ihre Anfrage!
      Beide Beteiligte sind “Verantwortliche” im Sinne des Datenschutzes. Damit haben auch beide eigene und selbständige Informationspflichten nach Art. 13 bzw. 14 DSGVO zu erfüllen. Es spricht aber aus praktischer Sicht nichts dagegen, die Informationen ggf. durch nur eine Partei gebündelt zu erteilen.

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