10 Mio. Euro DSGVO-Bußgeld wegen Videoüberwachung von Mitarbeitern

Die niedersächsische Landesbeauftragte für Datenschutz (LfD) hat am 8. Januar 2021 ein Bußgeld in Höhe von 10,4 Millionen Euro gegen die notebooksbilliger.de AG verhängt. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, seine Beschäftigten über zwei Jahre hinweg ansatzlos und damit widerrechtlich videoüberwacht zu haben (siehe auch die Pressemitteilung der LfD).

Hintergrund der DSGVO-Geldbuße

notebooksbilliger.de soll mindestens zwei Jahre lang seine Beschäftigten an Arbeitsplätzen, in Verkaufsräumen und anderen Aufenthaltsbereichen per Video überwacht haben, ohne dass hierfür eine Rechtsgrundlage vorlag. Dabei soll die Videoüberwachung weder auf einen bestimmten Zeitraum noch auf konkrete Beschäftigte beschränkt gewesen sein. Die Aufzeichnungen wurden wohl sogar in vielen Fällen 60 Tage lang gespeichert.

Auch Kunden seien betroffen gewesen, indem einige Kameras auf Sitzgelegenheiten der Verkaufsräume gerichtet waren und so zum Beispiel das Testen der angebotenen Geräte überwacht wurde.

Das Unternehmen stellte sich auf den Standpunkt, dass mithilfe der installierten Videokameras Straftaten, wie zum Beispiel Diebstähle, verhindert und aufgeklärt sowie der Warenfluss in den Lagern kontrolliert werden müsste.

Tipp: Wir kommentieren regelmäßig verhängte DSGVO-Bußgelder und erläutern, was andere Unternehmen tun können, um solche Strafen zu vermeiden!

Begründung der Bußgeldhöhe

Das verhängte Bußgeld ist das bisher höchste, das die LfD Niedersachsen seit Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verhängt hat und eines der höchsten Bußgelder in Deutschland überhaupt. Zur Verhinderung von Diebstählen, so die LfD, müssten zunächst mildere und weniger einschneidende Mittel von Unternehmensseite geprüft werden. Nur wenn keine milderen Mittel ersichtlich seien, könne eine Videoüberwachung verhältnismäßig sein. Die Videoüberwachung dürfe außerdem nur gegen solche Personen gerichtet werden, gegen die ein begründeter Verdacht der Begehung einer Straftat bestehe. Vorliegend hätte zum Beispiel als milderes Mittel gegen konkrete Personen eine stichprobenartige Taschenkontrolle erfolgen können.

Die LfD spricht im Falle von notebooksbilliger.de von einem schwerwiegenden Fall der Videoüberwachung im Betrieb und einem dauerhaften und anlasslosen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten. Beschäftigte müssten nicht ihr Persönlichkeitsrecht aufgeben, weil sie vom Arbeitgeber unter Generalverdacht gestellt werden. Die Videoüberwachung stelle einen besonders intensiven Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar, da die Betroffenen den Druck empfinden, sich möglichst unauffällig zu benehmen, um nicht wegen abweichender Verhaltensweisen kritisiert oder sanktioniert zu werden, so die LfD. Insbesondere in Sitzbereichen, in denen sich Menschen typischerweise länger aufhalten, sei eine Videoüberwachung aufgrund der besonders schutzwürdigen Interessen der Betroffenen unverhältnismäßig.

Das ausgesprochene Bußgeld ist noch nicht rechtskräftig und das Unternehmen will sich laut eigener Pressemitteilung gegen das aus seiner Sicht „unverhältnismäßig und unrechtmäßige“ Bußgeld gerichtlich zur Wehr setzten. Dass ein solches Vorgehen durchaus Erfolg haben kann, zeigte erst Ende letzten Jahres ein Urteil im Fall 1&1, bei dem das zuständige Gericht das Bußgeld drastisch absenkte. Im Übrigen hat notebooksbilliger.de seine Videoüberwachung mittlerweile rechtmäßig ausgestaltet und dies der LfD Niedersachsen nachgewiesen.

Datenschutzrechtliche Einschätzung

Für Arbeitgeber kommt es vor allem darauf an, Videoüberwachungen datenschutzkonform auszugestalten (siehe dazu unser Ratgeber zur datenschutzkonformen Videoüberwachung im Unternehmen). Hierzu zählen neben der Auswahl der richtigen Rechtsgrundlage, die Prüfung eines milderen Mittels sowie eine Abwägung im Einzelfall unter Berücksichtigung der vernünftigen Erwartungen der betroffenen Personen. Die Prüfung sollte sehr genau durchgeführt und zu Nachweiszwecken unbedingt dokumentiert werden.

Das Bundesarbeitsgericht urteilte längst, dass Beschäftigte gemäß § 26 Abs. 1 BDSG nur dann am Arbeitsplatz überwacht werden dürfen, wenn ein auf Tatsachen gestützter Verdacht zur schweren Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten oder Straftaten vorliegt. Videoaufzeichnungen dürfen auch nur solange gespeichert werden, wie sie zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind. Die Datenschutzkonferenz (DSK) der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder vertritt die Meinung, dass grundsätzlich innerhalb von ein bis zwei Tagen geklärt werden kann, ob das Videomaterial einer Sicherung bedarf (zum Beispiel, weil darauf eine Straftat festgehalten wurde und die Aufnahme für die Strafverfolgung benötigt wird, siehe auch unser Artikel zur Speicherungsdauer bei Videoüberwachung).

Schließlich müssen die Betroffenen über die Videoüberwachung ausreichend informiert werden (ein entsprechendes Hinweisschild zur Videoüberwachung können Sie mit unserem Generator kostenlos erstellen).

Ein solch schwerwiegender Verstoß gegen den Beschäftigtendatenschutz wie im Beispiel von notebooksbilliger.de erschüttert nicht nur das Vertrauen der eigenen Beschäftigten, sondern hat auch einen erheblichen Reputationsverlust für das gesamte Unternehmen zur Folge.

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